Verteidigung
von Master-, Bachelor- und Projektarbeiten
Zum Abschluss Ihrer Master-, Bachelor, oder Projektarbeit gehört ein
Vortrag mit einer anschließenden Diskussion, in der Sie Ihre Arbeit
verteidigen. In der Verteidigung und der anschließenden Diskussion
überzeugen Sie die HörerInnen, insbesondere die Prüfungskommission,
davon, dass Sie in Ihrer Arbeit ein interessantes Problem mit Hilfe des
während Ihres Studiums gelernten Wissens gelöst haben. Dabei muss
insbesondere bei Masterarbeiten der wissenschaftliche Anspruch der
Arbeit auch im Vortrag deutlich werden.
Hinweise zum Vortragsinhalt
Für den Vortrag zur Verteidigung Ihrer Arbeit haben Sie etwa 25 bis
30 Minuten Zeit (für Projektpräsentationen ggf. weniger). Während des
Vortrages können Sie nicht Ihre gesamte Arbeit vorstellen. Sie müssen
sich auf die wesentlichen Punkte konzentrieren, insbesondere Ihre
Antworten auf die folgenden Fragen:
Welche Aufgabe haben Sie gelöst?
Warum ist diese Aufgabe interessant und ihre Lösung wichtig?
Motivation und Aufgabenstellung
Einordnung in den Kontext (z.B. Ausgangssituation, Grundlagen,
Vorarbeiten)
Erfolgskriterien
Welche Methoden und Werkzeuge zur Lösung dieser und ähnlicher
Aufgaben kennen Sie? (aus Ihrem Studium oder Selbststudium)
Welche dieser Methoden und Werkzeuge haben Sie gewählt, um Ihre
Aufgabe zu lösen? Warum haben Sie genau diese Methoden und Werkzeuge
gewählt?
Wie modellieren Sie die Aufgabe, den Kontext und die
Ergebnisse?
Wie haben Sie Ihre Aufgabe gelöst? Diesen Teil haben Sie in Ihrer
Arbeit ausführlich dokumentiert. Im Vortrag ist es besonders wichtig,
sich dabei auf die wesentlichen Aussagen zu beschränken.
Implementierungsdetails und chronologische Daten der Bearbeitung Ihres
Themas gehören nicht in die Präsentation (und auch
nicht in die schriftliche Arbeit). Zum Entwurf von Abläufen, Algorithmen
und Software gehören insbesondere:
eine genaue Spezifikation der Aufgabe:
Was ist gegeben? (Art der Eingaben)
Was wird gesucht? (Art der Ausgaben)
Wie hängen die Ausgaben von den Eingaben ab?
der Entwurf Ihrer Lösung (z.B. Abläufe, Schnittstellen,
Datenstrukturen, Algorithmen)
eine Begründung, warum ihr Entwurf die Aufgabe löst
Schlussfolgerungen:
Ist das Problem damit vollständig gelöst?
Welche Alternativen und Erweiterungsmöglichkeiten sehen Sie zu Ihrer
Lösung?
Was haben Sie persönlich aus dieser Arbeit gelernt?
Hinweise zur Präsentation
Sehen Sie zum Publikum, nicht an die Wand.
Schreiben Sie auf die Folien nur Wichtiges und nur in
Stichpunkten. Die Folien sollten aber auch alleine
stehen und ohne Ihren Vortrag grundsätzlich nützlich sein.
Machen Sie sich Notizen, was Sie sagen wollen, sprechen Sie aber
frei. Sie haben sich mit dem Thema lange auseinandergesetzt. Zeigen Sie
diese Sicherheit.
Achten Sie darauf, dass man von allen Plätzen gut lesen kann. Wählen
Sie sinnvolle Schriftfarben und -größen. Auf eine Folie passen höchstens
zehn Zeilen Text!
Verwenden Sie Seitenzahlen auf Ihrem Foliensatz,
dass die HörerInnen später Gesehenes referenzieren können.
Für Vorträge von 30 Minuten oder weniger ist i.d.R. keine
Gliederung (oder gar dessen Vorstellung)
notwendig. Wenn auf Ihrer ersten Folie die Gliederung
steht, dann löschen Sie diese. Die erste Folie sollte einen spannenden
Einstieg in Ihren Vortrag enthalten - am besten also eine möglichst
konkrete Illustration (Beispiel) des Problems, das Sie in Ihrer Arbeit
lösen.
Wenn Ihre letzte Folie den Text “Danke für die
Aufmerksamkeit” enthält, dann löschen Sie diese Folie
ersatzlos. Beenden Sie Ihren Vortrag mit einer Folie, auf der
sie die wichtigen eigenen Beiträge und offenen Fragen ihrer Arbeit sehr
kurz zusammenfassen und damit zur anschließenden Diskussion
überleiten und diese anregen. Bei Projektarbeiten eignet sich
dafür manchmal ein Schaubild, um die wichtigsten
Entwurfsentscheidungen und Ihre Arbeitsleistung zu präsentieren.
Testen Sie Ihren Vortrag wenigstens einmal und
achten Sie dabei darauf, die vorgegebene Zeit einzuhalten.
Falls Verteidigungen an Ihrer Institution in der Regel öffentlich
sind, ist sehr hilfreich, vor der Verteidigung der eigenen Arbeit an
Verteidigungen anderer Arbeiten als Gast teilzunehmen.
Verfassen
von Master-, Bachelor- und Projektarbeiten
Benutzen Sie ein vernünftiges, sicheres Textsatzsystem (mit
Unterstützung zu Formelsatz, Silbentrennung, Formatierung, Nummerierung,
Indizierung). Wenden Sie die Energie auf, sich zumindest rudimentär in
LaTeX einzuarbeiten. Die Erfahrung zeigt: wer sich nicht hinreichend mit
passenden Werkzeugen für den Satz der eigenen Arbeit auseinandersetzt,
setzt sich auch nicht ausreichend mit den passenden Werkzeugen für den
Inhalt der Arbeit auseinander.
Halten Sie sich an Grundsätze der Datensicherung. Im Idealfall
nutzen Sie ein Programm Quelltextverwaltung und Versionskontrolle (git)
auf einem Server des Fachbereiches oder eines externen Dienstleisters.
Für Werkzeuge zur Versionskontrolle gilt das Selbe, wie für Werkzeuge
für den Textsatz. Regelmäßige Datensicherungen durch Kopieren sind ein
(schlechter) Ersatz.
Führen Sie von Anfang an ein Literaturverzeichnis! Verzeichnen Sie
dort jedes Dokument, das Sie benutzen. Es führt zum Punktabzug, wenn das
nur eine Liste von URLs ist. Das deutet nämlich darauf hin, dass Sie die
Grundlagen des Themas nicht genügend erforscht haben.
Eine Grundlage erkennt man daran, dass sie schon längere Zeit als
solche anerkannt ist und in Standard-Lehrbüchern und -Nachschlagewerken
erscheint.
Wenn Sie schon URLs zitieren, dann folgen Sie bibliografischen
Grundsätzen: jede benutzte Quelle hat einen Namen (bei Dokumentationen
oder Spezifikationen eventuell auch eine Versionsnummer), einen Autor,
ein Datum und einen Ort (der URL liefert nur den Ort). Jeder Leser,
insbesondere jeder Gutachter, muss die Quellen jederzeit nachprüfen
können. Wenn das z. B. durch Verweise auf “dynamischen” Websites nicht
möglich ist, ist das Ihr Problem. Überlegen Sie vorher.
Stellen Sie die richtige Verbindung zwischen wissenschaftlichen
Grundlagen und technischer Anwendung her. Überlegen Sie, welche
Lehrveranstaltungen Ihnen helfen, das Thema zu verstehen und zu
bearbeiten.
Den wissenschaftlichen Anspruch einer Arbeit erkennt man auch daran,
dass die Fachsprache richtig benutzt wird. Die Sprache der Informatik
ist die Mathematik, besonders die mathematische Logik. Wenn in Ihrer
Arbeit nur verbale und keine formalen Aussagen vorkommen, dann fehlt
etwas. Programmtexte allein sind da kein Ersatz, denn diese sind oft
ohne Spezifikation weitgehend unverständlich.
Achten Sie darauf, dass Ihrer Arbeit den “roten Faden” hat. Meine
Empfehlung ist folgende Strukturierung:
In der Einleitung formulieren Sie den Kontext der Arbeit und Ziele
(ggf. mit dem Betreuer), die Sie im Fazit wieder aufgreifen. Die
Einleitung erläutert die Struktur der Arbeit, das Fazit enthält das
Zustandekommen der Lösung und Ihrer (kritischen) Selbsteinschätzung.
Beide Kapitel verweisen in die Arbeit.
Dazwischen gibt es Platz für Grundlagen und verwandte Arbeiten und
Probleme, Formalisierung der Zielstellung und des Lösungsansatzes,
dessen Umsetzung, und abschließende Evaluation nach objektiven Kriterien
(nicht nach Zielstellung, diese hat oft weiche Kriterien und ist weniger
Formal). Diese Abschnitte enthalten immer wieder ähnliche Darstellungen
und Fragestellungen auf anderen Abstraktionsebenen
(Modellierungsgrundlage, Konkrete Modellierung, Erstellung einer
Implementation, Bewertung einer nun existierenden Implementation).
Strukturieren Sie Ihre Arbeiten auch durch Textsatz. Absätze sollten
Ideen kapseln und nicht übermäßig lang sein. Aufzählungen sollten als
solche gekennzeichnet sein. Formeln, Spezifikationen, Sätzen, Beweisen,
sollte der passende Textsatz gegeben werden. Die Struktur einzelner
Abschnitte sollte bereits aus den Überschriften und Textstrukturen
hervorgehen. Abbildungen, Tabellen und Anstriche für logische Aspekte
lockern den Textfluss auf und fördern das Verständnis. Mehrseitige
ununterbrochene und unstrukturierte Textpassagen wirken ermüdend und
können u.U. das Verständnis beeinträchtigen.
Die Gliederung wird i.d.R. mehrstufig sein. Die Staffelungstiefe
sollte aber nicht zu weit gehen. Ein Punkt der Untergliederung muss
genügend viel Material enthalten. Nur wenige Zeilen Text sind nicht
empfehlenswert. Sollte es nur einen Punkt zur Untergliederung geben, ist
es besser diesen aufzulösen.
Zur konkreten Formulierung seien abschließend folgende Hinweise
gegeben:
Qualitative Attribute sind nichtssagend und deshalb zu vermeiden:
Falls sie doch verwendet werden, muss beim ersten Auftreten erklärt
werden, was in der vorliegenden Arbeit darunter verstanden wird. Wie
viele Daten sind “viele Daten” oder “große Datenmengen”? Wie schnell ist
“schnell” und unter welchen Bedingungen?
Die Verwendung von Konjunktiven (sollte, könnte, müsste, vielleicht,
kann, …) ist problematisch. Ein verwendeter Konjunktiv kann u.U. als das
genaue Gegenteil von dem interpretiert werden, was der Autor auszusagen
vorhatte. Beispiel: „… hierfür kann das Programm A verwendet werden …“
soll dafür stehen, dass das Programm A tatsächlich unter den konkreten
Bedingungen eingesetzt wird. Eine Interpretationsvariante: Programm A
könnte möglicherweise verwendet werden, im gegebenen Fall erfolgt das
jedoch nicht.
Allzu prosaische Formulierungen lenken vom objektiven
Untersuchungsgegenstand ab bzw. lassen ihn in einem subjektiven Licht
erscheinen und schmälern letztlich die Anerkennung der Leistung.
Der Einsatz von Synonymen für Fachbegriffe ist irreführend.
Bewertung
Grundsätzlich gilt: Was Sie nicht in der Arbeit geschrieben
haben, wird auch nicht bewertet. Wenn Sie also viel
programmiert haben, für den Ansatz aber nicht die formalen Grundlagen
präsentieren oder den Ansatz nicht nachvollziehbar und reproduzierbar
darstellen, wird die Arbeit den Anforderungen nicht gerecht. Der
Quelltext ist eine Art “Beweis” dafür, dass (1) Ihre
vorgestellten Formalisierungen und Algorithmen
grundsätzlich nützlich sind und (2) dass Sie den Umgang
mit den Werkzeugen beherrschen. Für diese Zwecke sollte der Quellcode
(bzw. sinnvolle Vereinfachungen oder Verkürzungen davon, ggf. als
Pseudocode) illustrativ in der Arbeit eingesetzt
werden. Achten Sie darauf, dass Sie, sofern vorhanden, konkrete
Anforderungen an den Quellcode und Ihre Umsetzung auch im Text der
Arbeit nachweisen.
Die Arbeit wird am Ende nach folgenden Kriterien bewertet:
Fachlicher Inhalt
Darstellung und Diskussion der Problemlage bzw. Motivation der
Arbeit
Theoretische Grundlage und Formalisierung
Praktischer Bezug bzw. Umsetzung in die Praxis
Kritische Diskussion von Fehlern, Alternativen und Grenzen