Feuerwerk zur Langen Nacht der Wissenschaften

Anwendungen der Informatik bei Feuerwerken

Ein Feuerwerk zur Langen Nacht der Wissenschaften muß natürlich eine Beziehung zur Wissenschaft haben. In diesem Fall ist das die Informatik. Computer und Software sind ja heute im Alltag fast allgegenwärtig. So ist es auch üblich, dass die einzelnen Effekte eines Feuerwerks von einem Microcontroller/Computer gezündet werden. Dazu muß der Computer einen Stromkreis einschalten, in dem sich ein oder mehrere Elektroanzünder befinden. Die Zündung erfolgt dann im Millisekunden-Bereich. Natürlich braucht man mehrere Kanäle (einzeln schaltbare Stromkreise). Bei den ersten Feuerwerken zur Langen Nach der Wissenschaften (noch ohne Musik) waren es ungefähr 60-80 Kanäle. Für größere musiksynchrone Feuerwerke werden oft mehrere Hundert Kanäle benötigt, z.B. gibt es 2019 knapp 400 Zündkreise.

Zündanlage

Am Institut für Informatik wird eine eigene Zündanlage entwickelt. Das ist ein interessantes Projekt, an dem man viel lernen kann, und auch neue Ideen einbringen. Natürlich gibt es schon kommerzielle Zündanlagen, aber nur als geschlossene Systeme aus Hard- und Software. Wir denken, dass unsere Anlage in einigen Punkten einmalig ist. Vor allem aber können wir (und interessierte Studierende) leicht neue Funktionen integrieren.

Da der Feuerwerker nicht gerne viele lange Kabel zieht, besteht die Anlage aus einer Steuereinheit und mehreren Zündeinheiten, die auf dem Abbrennplatz verteilt werden können. Die Zündeinheiten sind durch ein von Dr. Gabrisch entwickeltes Netzwerk über ein einfaches, zweiadriges, ungeschirmtes Kabel mit einer Steuereinheit verbunden. Solcher "Verschleissdraht" wird auch für die Stromkreise der Elektroanzünder verwendet, ist also beim Aufbau eines Feuerwerks immer vorhanden. Viele kommerzielle Anlagen, die auch aus mehreren Komponenten bestehen, benötigen teure Spezialkabel zur Verbindung, die manchmal nicht in ausreichender Anzahl oder Länge vorhanden sind. Über unser zweiadriges Buskabel erfolgt sowohl die Stromversorgung, als auch die Daten-Kommunikation in beiden Richtungen. Die Zündeinheiten enthalten für jeden Kanal einen Microcontroller (ATtiny44), die Steuereinheit enthält einen Microcontroller (ATmega1284P) und einen kleinen Linux-Rechner mit Touchscreen (Friendly ARM Mini2440). Eine Funk-Kommunikation zwischen mehreren Steuereinheiten ist geplant.

Sicherheit ist natürlich essentiell: Die Zündung darf ja auf keinen Fall zu früh erfolgen, wenn die Feuerwerker noch am Aufbau sind. Dazu verlassen wir uns nicht nur auf die Programmierung, sondern auch auf Hardware. Da die Zündeinheiten keine eigene Spannungsversorgung haben, ist das Verdrahten sicher, solange sie noch nicht an die Steuereinheit angeschlossen sind. Es gibt dann aber eine Test-Phase, in der die Erreichbarkeit der Züneinheiten geprüft wird, und die Widerstände der Zündkreise gemessen werden. Dann muss natürlich eine Spannung auf dem Bus liegen. Der Strom ist aber so begrenzt, dass er nicht ausreicht, eine Zündung auszulösen. Die Zündenergie wird in Kondensatoren gesammelt. Die Aufladung dauert einige Minuten, so dass die Software ggf. noch reagieren könnte. Wenn die Anlage nicht scharf geschaltet ist, liegt auf dem Bus eine niedrige Spannung, bei der sich die Kondensatoren nicht aufladen können (sie sind in Reihe mit einer Zenerdiode geschaltet).

Natürlich ist auch wichtig, das die Zündung während des Feuerwerks dann auch wirklich stattfindet. Dazu misst man vorher mit einem kleinen Strom den Durchgang der Stromkreise (in unserem Fall sogar den Widerstand). Ein "Absturz" der Software während des Feuerwerks wäre sehr ungünstig, bzw. es ist ein sehr schneller automatischer Neustart nötig.

Unsere Anlage ist ständig "in Entwicklung", und der Ehrlichkeit halber müssen wir sagen, dass wir nur einen Teil des Feuerwerks damit zünden, den Rest mit einer kommerziellen Anlage. Aber dieser Teil wird jedes Jahr größer!

[Vortragsfolien 2011]

Foto unserer Zündanlage
		(Institut für Informatik, Universität Halle, 2012)
(Foto von Prof. Dr. Stefan Brass, 2012)
Prof. Dr. Stefan Brass
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